Checkliste Nachlassplanung
Der Nachlass einer Person umfasst die gesamten Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt ihres Ablebens. Diese Checkliste verschafft einen Überblick über die Themen und Aspekte, die im Hinblick auf eine Hinterlassenschaft zu berücksichtigen sind.
Rechtliche Anknüpfung eines Nachlasses
Im Todesfall richtet sich die Eröffnung des Nachlasses grundsätzlich nach dem Recht des Wohnsitzstaates des Erblassers, d.h. nach schweizerischem Recht bei einer Person mit Wohnsitz in der Schweiz. Je nach Biografie, Nationalität des Erblassers, Lage und Art des Vermögens sowie Wohnsitz von Erben bestehen aber mögliche rechtliche Anknüpfungen weiterer Rechtsordnungen. Ohne pro-aktive Nachlassplanung nimmt ein Erbgang den gesetzlich vorgesehenen Verlauf.
Hinweis: Das Erbrecht ist im ZGB, 3. Teil geregelt (ZGB Art. 457ff); allenfalls sind aber auch die Bestimmungen über das eheliche Güterrecht von Bedeutung (ZGB Art. 120ff)
Ziele einer Nachlassplanung
Die Ziele einer Nachlassplanung sind insbesondere folgende:
- Erkennen möglicher Probleme oder Komplikationen
- Ergreifen von erforderlichen Massnahmen, um präventiv solche Probleme und Komplikationen zu vermeiden (durch entsprechende persönliche Verfügungen, Strukturierung des Vermögens, etc.)
- Ergreifen von Massnahmen, die notwendig sind, um den Nachlass so zu regeln, wie es eine Person wünscht (Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, familiärer Friede, Vereinfachung der Verhältnisse, Übertragung von Vermögen vor dem Todesfall, Sicherstellung des Vermögens im Todesfall, gezielte Begünstigung bestimmter Personen wie Ehe- oder Konkubinatspartner, etc.)
Internationale Anknüpfungspunkte?
- Es sollte sorgfältig überprüft werden, ob sich allenfalls internationale Anknüpfungspunkte rechtlicher oder steuerlicher Natur ergeben könnten:
- Mehrfache Staatsangehörigkeit
- Internationale Partnerschaft
- Ehevertrag im Ausland abgeschlossen
- Ehegüterrechtliche Fragestellungen
- Ausländischer Wohnsitz
- Aktiven im Ausland, insbesondere Liegenschaften, aber allenfalls auch ausländische Wertpapiere
- Hinweis: Bei internationalen Sachverhalten sind insbesondere folgende Gesetzesgrundlagen von Bedeutung: das Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht der Schweiz (IPRG; SR 291, insbesondere Art. 86 - 96) sowie die Europäische Erbrechtsverordnung, welche die Schweiz übernommen hat und die für Erbfälle ab dem 17. August 2015 anwendbar ist.
Familiäre Situation
Folgende Aspekte sind allenfalls zu berücksichtigen:
- Zivilstand (Ehe, Scheidung, Konkubinat, unverheiratet, verwitwet)
- Eheliche Kinder
- eigene Voreheliche Kinder
- Voreheliche oder aussereheliche Kinder des Gatten oder der Gattin
- Nicht anerkannte Kinder
- Patchwork-Familie
- Liegt eine altrechtliche Adoption vor (vor 1973)?
Vermögenssituation
Die Vermögenssituation eines Erblasser wird in der Regel wesentlich durch das Ehegüterrecht mitbestimmt, v.a. wenn ein Ehepaar dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung unterstellt ist. Die im Erbfall massgebliche Vermögensmasse bemisst sich also nach erfolgter güterrechtlicher Auseinandersetzung).
Dies vorausgesetzt sind insbesondere folgende vermögensrechtliche Aspekte relevant:
- Bestehen Unterhaltspflichten (rechtlich oder moralisch)?
- Welche flüssigen Mittel liegen vor (Bargeld, Kontoguthaben) ?
- Wertschriften?
- Darlehen?
- Liegenschaften?
- Wertvolle Mobilien (Bilder, Oldtimer, Sammlerstücke, Schmuck, etc.)?
- Versicherungsansprüche? – Hinweis: bei Versicherungen mit Direktbegünstigung fallen Versicherungszahlungen allenfalls nicht in den Nachlass!
- Rentenansprüche aus erster oder zweiter Säule (AHV, BVG)?
- Unternehmen?
- Anwartschaften auf Erbschaften oder Nacherbschaften?
Bestehende Verfügungen
- Besteht bereits ein Testament oder Erbvertrag?
- Besteht ein Vorsorgeauftrag?
- Besteht eine Patientenverfügung?
- Wurden Anordnungen für den Todesfalls gemacht?
- Bestehen sonstige Vollmachten?
- Hinweis: Es stellt sich regelmässig die Frage, ob Vollmachten nach dem Todesfall des Vollmachtgebers noch gültig sind.
Persönliche Anliegen nicht vermögensrechtlicher Art
- Sollen weitere Personen für die Nachlassplanung einbezogen werden, zwecks Vermeidung von möglichen Konflikten innerhalt der Familie oder zwecks Sicherung des Vermögens, wie z.B. dem Fortbestand einer Unternehmung?
- Sind Dispositionen zu treffen hinsichtlich von Gegenständen mit Affektionswert oder betreffend Haustiere?
- Sollen bestehende Verfügungen angepasst oder erstmals erstellt werden? S. voranstehender Punkt.
Gesetzliche Erbfolge versus gewillkürte Erbfolge
Soweit die gesetzliche Erbfolge auch dem Willen des Erblassers entspricht, besteht kein eigentlicher Handlungsbedarf. Andernfalls sollte der Nachlass aktiv gestaltet werden. Folgenden Fragestellungen ist nachzugehen:
- Bin ich mir über die gesetzliche Erbfolge wirklich in allen Belangen bewusst?
- Beabsichtige ich allenfalls, von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen?
- Muss ich bei meinen Verfügungen auf pflichtteilsgeschützte Erben Rücksicht nehmen bzw. muss ich bei Verletzung von Pflichtteilen damit rechnen, dass meine Verfügung rechtlich in Frage gestellt wird?
- Soll ich pflichtteilsgeschützte Erben auf den Pflichtteil setzen?
- Kommt allenfalls sogar ein Enterbungsgrund in Betracht?
- Sind bereits erfolgte Schenkungen und Erbvorbezüge zu beachten?
- Sind Schenkungen oder Erbvorbezüge allenfalls sinnvoll?
- Sollen gewisse Zuwendungen über entsprechende Vermächtnisse erfolgen?
- Soll jemand als Erbe eingesetzt werden, soweit nicht ohnehin gesetzlicher Erbe?
- Soll der Ehegatte maximal begünstigt werden?
- Welche Mittel stehen dem überlebenden Ehegatten nach meinem Versterben zur Verfügung?
- Ist eine Nutzniessung am Nachlass oder ein Wohnrecht in der ehelichen Wohnung sinnvoll?
- Sollen bestimmte Vermögenswerte nur unter Auflagen oder Bedingungen vererbt werden?
- Sollen bestimmte Vermögenswerte nur als Vorerbe vermacht werden und beim Ableben des Vorerben an Nacherben gelangen (mit oder ohne Sicherstellung bzw. lediglich auf den Überrest?
- Soll eine gemeinnützige Stiftung errichtet werden?
- Was sind die Steuerfolgen für die von mir begünstigten Personen, sei es an meinem letzten Wohnort, dem Belegenheitskanton oder Belegenheitsstaat oder allenfalls in deren Wohnsitzstaat?
- Wo sollen die wichtigsten Dokumente aufbewahrt werden?
- Soll ein Willensvollstrecker eingesetzt werden?
- Können andere Personen in meinem Todesfall über Bankkonten etc. verfügen?
Verwandte Artikel
Checklisten