Checkliste BVG-Kapitalbezug oder BVG-Rente?
Die Altersleistungen der betrieblichen Vorsorge können Sie nach den gesetzlichen Möglichkeiten entweder als Rente oder als Kapital beziehen. Jede Bezugsform hat Vorteile und Nachteile. Diese Checkliste hilft Ihnen, beim Bezug Ihres Vorsorgekapitals richtig zu entscheiden.
Gesetzlicher Spielraum
Nach dem Bundesgesetz über die betriebliche Vorsorge «BVG» wird die Altersleistung grundsätzlich als Rente ausgerichtet (Art. 37 Abs.1 BVG). Der Versicherte kann jedoch von seiner Vorsorgeeinrichtung verlangen, dass mindestens 25% seines Alterskapitals als Kapital ausbezahlt wird. Nur 75% des Alterskapitals würde dann in eine Rente umgewandelt. Das BVG erlaubt den Vorsorgeeinrichtungen in ihrem Reglement vorzusehen, selbst das gesamte Altersguthaben als Kapital auszuzahlen (BVG Art. 37 Abs. 4).
- Bin ich mir bewusst, welche Möglichkeiten mir meine Vorsorgeeinrichtung einräumt?
Hinweis: Beachten Sie das Vorsorgereglement Ihrer Vorsorgeeinrichtung.
- Bin ich mir bewusst, welche formalen Voraussetzungen für einen Kapitalbezug einzuhalten sind – z.B. die Frist zur rechtzeitigen Anmeldung eines Kapitalbezuges?
Besteuerung der Rente
Die BVG-Rente ist voll steuerbares Einkommen. Erzielen Sie neben der Rente erhebliches übriges Einkommen oder ist Ihre Rente selbst erheblich? Dann ist der effektive Steuersatz, zu welchem die Rente besteuert wird, entsprechend hoch.
- Ist mir bewusst, zu welchem effektiven Steuersatz meine Rente besteuert werden wird – also welcher Betrag nach Steuern mir von der Rente verbleibt?
Hinweis: Die Bestimmung der Rente nach Steuern ist eine hilfreiche Grundlage für einen rechnerischen Vergleich mit einem Kapitalbezug.
Besteuerung eines Kapitalbezugs
Kapitalbezüge werden gesondert vom übrigen Einkommen besteuert. Dabei erfolgt die Besteuerung privilegiert, also zu einem vergleichsweise tiefen Steuersatz, der aber dennoch von der Höhe des Kapitalbezugs abhängig ist.
- Ist mit bewusst, wie hoch mein Kapitalbezug besteuert wird und entsprechend, welches Kapital nach Steuern verbleibt?
Vorteile eines Rentenbezuges
- Stetiges, lebenslanges Einkommen und damit kein grosser Planungsbedarf für die Finanzierung des Lebensaufwandes.
- Renteneinkommen auch im hohen Alter, wenn das der Rente zugrundeliegende Alterskapital aufgebraucht ist.
- Keine Eigenverantwortung bei der Kapitalanlage.
- Bei Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit oder Überforderung in finanziellen Belangen besteht kein Vermögensrisiko.
- Die Vorsorgeeinrichtung ist aufgrund des Volumens der verwalteten Vermögen und der regulatorischen Kontrolle nach menschlichem Ermessen sehr sicher.
- Die Umwandlungssätze auf dem obligatorischen Teil des Alterskapitals sind aktuell noch verhältnismässig attraktiv, vor allem auch für verheiratete Versicherte, die von einer Partner-Witwen- bzw. Witwer-Rente profitieren.
- Insbesondere Frauen profitieren aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung vom geschlechtsneutralen Umwandlungssatz.
- Auf dem zugrundliegenden Rentenkapital ist keine Vermögenssteuer geschuldet.
Nachteile eines Rentenbezuges
- Kein Einfluss auf die Vermögensanlage. Vor allem in Zeiten hoher Inflation könnte die Kaufkraft der Rente schwinden.
- Beim Versterben ist das Kapital vollumfänglich verloren, selbst wenn es noch nicht aufgebraucht ist. Die Erben erhalten nichts vom Alterskapital – höchstens im Rahmen einer Ersparnis aus den bis zum Tod des Rentenbezügers bezogenen Rentenzahlungen.
Vorteile eines Kapitalbezuges
- Volles Eigentum und volle Verfügungsfreiheit am versteuerten Altersguthaben.
- Vor allem unverheiratete Männer erhalten tendenziell mehr als bei einer Rentenzahlung.
- Das beim Tod noch vorhandene Kapital kann vererbt werden oder bereits vor dem Tod den Erben als Darlehen oder Erbvorbezug zugehen.
- Eine gute Kapitalanlage kann das Alterskapital gegebenenfalls länger erhalten.
- Mit einem Teil des Kapitals können Sie bei Bedarf das Langlebigkeitsrisiko abschirmen und den Restbetrag bis zum Beginn der entsprechenden Rentenzahlungen in regelmässigen Tranchen aufbrauchen.
- Eventuell geringere (einmalige) Steuerbelastung gegenüber einer (wiederkehrenden) hohen Steuerbelastung einer Rente. Dies hängt von Fall zu Fall ab.
- Bei einer allfällig notwendigen Sanierung der Vorsorgeeinrichtung können Sie nicht mehr zu Leistungseinbussen herangezogen werden.
Nachteile eines Kapitalbezuges
- Sie müssen das bezogene Kapital selber anlegen, was Erfahrung und Wissen voraussetzt, selbst wenn Sie professionelle Vermögensverwalter beiziehen.
- Die Verwendung des bezogenen Kapitals muss für den Rest des Lebens hinhalten. Die Lebensdauer ist aber ungewiss und kann von der statistischen Lebenserwartung ohne weiteres um ein Jahrzehnt oder noch mehr abweichen.
- Ein planmässiger Verbrauch des Alterskapitals erfordert Übersicht sowie Disziplin und Planung.
Umstände, die einen Rentenbezug nahelegen
- Werde ich auf die mir zustehende Rente mehr oder weniger vollumfänglich zurückgreifen müssen, um den erwarteten Lebensaufwand bestreiten zu können?
Wenn ja, ist in der Regel ein Rentenbezug angezeigt. - Habe ich übriges Vermögen oder andere Einkünfte, auf die ich bei Bedarf ergänzend zu meiner Rente zurückgreifen kann?
Wenn nicht, ist in der Regel ein Rentenbezug angezeigt. - Unverheiratete Männer: Aufgrund der solidarischen Ausgestaltung des Umwandlungssatzes (Solidarität mit den langlebigeren Frauen und verheirateten Männern) erhalten unverheiratete Männer eine vergleichsweise geringere Rente. Unverheiratete Männer sollten sich daher grundsätzlich eher einen Kapitalbezug überlegen. Trotzdem gelten auch für sie die beiden oben gestellten Fragen. Unverheirateten Männern empfehlen wir, unsere kalkulatorische Entscheidungshilfe zu nutzen (siehe weiter unten).
- Unverheiratete ohne Nachkommen: Für Unverheiratete ohne Nachkommen, Frauen wie Männer, ist das Kriterium der Vererbung von Vermögen möglicherweise weniger bedeutsam. Dieser Umstand mag tendenziell für einen Rentenbezug sprechen – insbesondere auch, wenn die beiden oben gestellten Fragen einen Rentenbezug nahelegen.
Umstände, die einen Kapitalbezug nahelegen
- Übersteigt mein Renteneinkommen meinen laufenden Lebensaufwand?
Wenn ja, sollten Sie einen teilweisen Kapitalbezug in Erwägung ziehen. Dies gilt ganz besonders für unverheiratete Männer. - Verfüge ich über ein erhebliches Vermögen, um das Langlebigkeitsrisiko oder eine Phase erhöhter Lebensaufwendungen (z.B. einen Klinikaufenthalt oder die Betreuung in einem Pflegeheim) finanzieren zu können?
Von einem erheblichen Vermögen spricht man in der Regel ab 500'000 Franken. Wenn Sie über ein solches Vermögen verfügen, sollten Sie einen Kapitalbezug in Erwägung ziehen. Dies gilt ganz besonders für unverheiratete Männer. - Habe ich besondere gesundheitliche Risiken, die meine Lebenserwartung ernsthaft reduzieren?
Wenn ja, könnte im Hinblick auf die Vererbung von Vermögen ein Kapitalbezug interessant sein.
Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile
- Sind mir die Vorteile und Nachteile eines Renten- oder Kapitalbezuges klar?
- Habe ich mir Rechenschaft abgelegt über die Gewichtung der verschiedenen Argumente für und wider eine Rente oder einen Kapitalbezug?
- Habe ich mir folgende Gedanken gemacht: Wie würde ich bei einem Kapitalbezug die Vermögensverwaltung organisieren? Welche Vorkehrungen sollte ich treffen, damit ein planmässiger Zugriff auf das Vermögen selbst dann gewährleistet ist, wenn ich selber nicht mehr in der Lage sein sollte, meine finanziellen Interessen wahrzunehmen?
Die salomonische Lösung: Teils Rente, teils Kapital
- Liegen Umstände vor, die teils für eine Rente und teils für einen Kapitalbezug sprechen?
Wenn ja, sollten Sie das Alterskapital mit einem gewissen Prozentsatz als Kapital beziehen und den Rest in eine Rente umwandeln. Ein gemischter Bezug wird sich bei der Versteuerung der Rente und beim Kapitalbezug in der Regel positiv auswirken, da die Steuerprogression gebrochen wird.